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Spritpreise: Darum zahlen Sie morgens an der Tankstelle drauf

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Gestern noch erschien der Spritpreis akzeptabel, heute an der gleichen Tankstelle kostet der Liter plötzlich deutlich mehr. Diese Wahrnehmung trügt nicht – deutsche Tankstellen variieren ihre Preise tatsächlich erheblich im Laufe eines Tages, wobei die teuerste Zeit ausgerechnet um sieben Uhr morgens liegt, wenn der Berufsverkehr beginnt.

Cleveres Timing spart bares Geld

Daten des Bundeskartellamts zeigen eindeutig: Wer seinen Tankvorgang geschickt plant, kann erheblich sparen. Die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe dokumentiert an über 14.000 deutschen Tankstellen regelmäßige Preissprünge zu bestimmten Tageszeiten. Neben dem Morgenhoch um sieben Uhr treten weitere Kostengipfel typischerweise um zehn, dreizehn und siebzehn Uhr auf. Den größten Unterschied zwischen teuerstem und günstigstem Moment eines Tages beziffern die Experten auf bis zu zehn Cent je Liter.

Das Geheimnis liegt im Abend: Zwischen achtzehn und zwanzig Uhr erreichen die Kraftstoffpreise meist ihren Tiefstand. Verbraucher können diese Informationen über verschiedene Smartphone-Apps wie „Clever Tanken“, „mehr-tanken“ oder „ADAC Spritpreise“ nutzen, die auf die offiziellen Echtzeitdaten der Überwachungsbehörde zugreifen.

Algorithmen bestimmen den Preis

Hinter den Preisschwankungen steckt das sogenannte „dynamische Pricing“ – computergesteuerte Systeme, die automatisch verschiedene Faktoren berücksichtigen. Diese Algorithmen werten Nachfrageverhalten, Tageszeit, Wetterbedingungen, Verkehrsaufkommen und das Preisverhalten der Konkurrenz aus. Während große Mineralölunternehmen die Richtung vorgeben, folgen kleinere Anbieter meist deren Preisbewegungen. Diese Marktmechanismen haben oft mehr Einfluss auf den Zapfsäulenpreis als aktuelle Rohölkurse.

Rechtlich ist dieses Vorgehen völlig legitim, da Kraftstoffpreise dem freien Wettbewerb unterliegen und theoretisch sogar minütlich angepasst werden dürfen. Österreich hat allerdings einen anderen Weg gewählt: Seit 2011 dürfen dort Spritpreise nur noch einmal täglich um zwölf Uhr mittags erhöht werden. Der ADAC betrachtet diese Regelung jedoch skeptisch, da Tankstellen möglicherweise von vornherein höhere Preise ansetzen könnten.

Steuern dominieren den Endpreis

Ein Blick auf die Preiszusammensetzung zeigt: Der Staat kassiert kräftig mit. Rund 60 Prozent dessen, was Autofahrer an der Zapfsäule bezahlen, fließt als Steuer in die öffentlichen Kassen. Bei Benzin schlägt die Energiesteuer mit etwa 65,45 Cent pro Liter zu Buche, bei Diesel mit 47,07 Cent – zusätzlich zur Mehrwertsteuer. Nur etwa ein Drittel des Endpreises entfällt tatsächlich auf Einkauf, Raffinierung, Transport und Gewinnmargen der Konzerne.

Tankstellenbetreiber verdienen übrigens kaum am Kraftstoffverkauf selbst – ihre Provision liegt meist bei nur ein bis drei Cent pro Liter. Den Hauptgewinn erzielen sie mit Zusatzgeschäften wie Snacks, Getränken, Tabakwaren oder Autowaschanlagen, wo die Margen deutlich attraktiver sind.

Während die kurzfristigen Preisschwankungen wenig mit den aktuellen Rohölmärkten zu tun haben, beeinflussen langfristige Faktoren wie geopolitische Spannungen, OPEC-Entscheidungen, CO₂-Aufschläge oder Wechselkursschwankungen zwischen Euro und Dollar durchaus den Grundpreis. Ein Vergleich mit der allgemeinen Inflation zeigt: Spritpreise sind überproportional gestiegen. Seit 2000 verteuerte sich Benzin um etwa 120 Prozent, während die Gesamtinflation nur etwa halb so stark ausfiel. Noch drastischer wird das Bild bei einem 50-Jahre-Vergleich: Kostete ein Liter Mitte der 1970er Jahre umgerechnet etwa 30 Cent, ist er heute sechsmal so teuer – bei einer Gesamtinflation von „nur“ 400 Prozent.